Garden Leave: Heiter bis Wolkig

Auf den Olymp steigen, um die Götter zu besuchen, eine Weltreise machen oder einfach nur die Seele baumeln lassen; laut einer Forsa-Umfrage wünscht sich jeder zweite Arbeitnehmer eine längere Auszeit vom Job. Aber einfach die Bürotür hinter sich schließen und ganz lange nicht mehr öffnen, bleibt für die meisten dann doch ein immerwährender Traum. Ein bisschen mehr Freiheit stünde zwar jedem gut, aber viele schrecken aus Angst vor beruflichen Nachteilen zurück. Auch wenn sich viele Unternehmen heute ziemlich anstrengen müssen, um ihre Leistungsträger nicht an die Konkurrenz zu verlieren, sind es am Ende oft nur die gefragten Mitarbeiter, die einen Gang zurückschalten und eine zeitlich begrenzte Auszeit verhandeln können.

Freistellungsmodell mit Tücken

Stattdessen spendieren viele Arbeitnehmer ihren Mitarbeitern immer öfter ein sogenanntes „Garden Leave“. Der Begriff stammt aus dem britischen Recht und ist in Wahrheit gar nicht so blumig, wie er auf den ersten Blick daher kommt. Denn „Garden Leave“ bedeutet nichts anderes als die unwiderrufliche Freistellung eines Arbeitnehmers von der Dienstleistung während eines gekündigten Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und darüber hinaus. Die Grundidee ist, dass sich der Mitarbeiter die Verlängerung seines Arbeitsvertrages über die eigentliche Kündigungsfrist hinaus quasi erkauft, indem er seine bisherige Vergütung und Teile seines Abfindungsanspruchs einbringt. Hierzulande findet sich das „Garden Leave“ immer häufiger in Sozialplänen im Zusammenhang mit Restrukturierungsmaßnahmen von Unternehmen. Insbesondere rentennahen Mitarbeitern wird immer öfter diese Option angeboten, da ihnen aufgrund ihres Alters und langer Betriebszugehörigkeiten meistens eine relativ hohe Sozialplanabfindung zusteht. Je nach Einzelfall ermöglicht ein „Garden Leave“ dann entweder nahtlos zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln oder nach einem sich daran anschließenden Bezug von Arbeitslosengeld I (ALG I), die Zeit bis zur gesetzlichen Altersrente zu überbrücken. Klingt erst mal plausibel, ist es eigentlich auch, gäbe es nicht wie so oft auch eine Kehrseite der Medaille. Führt die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nämlich zu einer mehr als zweijährigen Freistellungsdauer, können sich im Einzelfall gravierende Nachteile beim anschließenden Bezug des Arbeitslosengeldes ergeben. Das kann nicht nur jede Menge Verwirrung stiften, sondern dem ruhebedürftigen „Garden Leaver“ auch einen ziemlichen Schreck einjagen

ALG I Einbußen möglich

Für die Berechnung des ALG I – Anspruchs werden nach der Regelung des § 150 Abs. 1 SGB III, das versicherungspflichtige und das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis unterschieden. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auch in Zeiten einer unwiderruflichen Freistellung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Ein leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis dagegen setzt grundsätzlich auch die tatsächliche Erbringung einer Arbeitsleistung voraus. Im Falle eines „Garden Leave“ endet das versicherungsrechtliche Arbeitsverhältnis zwar erst mit dessen Beendigung“ die leistungsrechtliche Komponente ist dagegen aber schon mit Beginn der unwiderruflichen Freistellung beendet. Das kann gravierende Folgen haben. Denn für die Berechnung des ALG I Anspruchs wird lediglich die leistungsrechtliche Komponente des Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt; d. h. nur diejenige Vergütung, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens, also zu Beginn des „Garden Leaves“, abgerechnet wurde. Da der Bemessungszeitraum aber maximal zwei Jahren beträgt (§§ 149, 150 Abs. 1 SGB III) kann eine darüber hinausgehende Freistellungsdauer im Einzelfall zu erheblichen Einbußen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes führen. Denn die zuständige Agentur für Arbeit berücksichtigt dann, anders als angenommen, nicht die während der Freistellung erhaltene Vergütung, sondern legt ein fiktives Entgelt (§ 152 Abs. 1 SGB III), zugrunde, das deutlich geringer ausfallen kann. Manch einer hat aber auch Glück und bekommt problemlos das volle Arbeitslosengeld, weil die regionalen Arbeitsagenturen unterschiedlich entscheiden. Dies natürlich immer nur, wenn die Voraussetzungen für einen ALG I Anspruch überhaupt vorliegen.

Wer also davon betroffen ist, sollte sich frühzeitig bei der zuständigen Agentur für Arbeit über die regionale Handhabung informieren. Und wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kann sich jederzeit rechtlich beraten lassen, um die für ihn besten Rahmenbedingungen des „Garden Leave“ zu ermitteln. 

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