Das macht jetzt Frau Müller mit!

Arbeit ist eine gigantische Erfolgsstory in der Menschheitsgeschichte. Sie hat uns Wohlstand und Fortschritt gebracht. Zugleich hat sie sich selbst aber auch über die Jahrtausende weiterentwickelt. Von der körperlichen Maloche über entfremdete Industriearbeit bis hin zu den „Wissensarbeitern“ von heute. Auch heute ist Arbeit immer noch ein zentraler Wert, der nicht nur unser Leben, sondern auch die Gesellschaft zusammenhält. Noch nie war sie so gut wie heute und doch scheint es, als wäre sie schlimmer und trostloser denn je. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Studie „Einfluss des HR-Managements auf den Unternehmenserfolg“ der Personalberatung Rochus Mummert. Unter 1000 Befragten gaben 48 Prozent der deutschen Arbeitnehmer an, dass sich ihr Arbeitsalltag in den letzten fünf Jahren spürbar zum Nachteil für sie verändert habe. Als eine besonders wichtige Veränderung wurde die sogenannte Arbeitsverdichtung empfunden.

„Die Globalisierung und die Digitalisierung haben die Arbeits- und Lebensumwelt rasant und tiefgreifend verändert;“ sagt Hans Schlipat, Studienleiter und Managing Partner der Rochus-Mummert-Gruppe.

Alles müsse viel schneller gehen, deswegen bliebe kaum noch Zeit für einzelne Arbeitsprozesse, obwohl die eigentlichen Aufgaben komplexer geworden seien. „ Und immer mehr Arbeit muss bei gleichzeitig höherem Tempo mit immer weniger Kollegen erledigt werden“, so Schlipat.

Übergangssituationen sind Alltag

So verwundert es inzwischen auch niemanden mehr, dass der optimale Personaleinsatz in den Unternehmen ein ständiges Thema auf allen Hierarchieebenen ist. Die Anpassung des Arbeitskräftebedarfs an die aktuelle wirtschaftliche Situation ist inzwischen gelebter Alltag. Die Gründe sind vielfältig. Ob Fusionen, Umstrukturierungen oder Kündigungen: Personelle Übergangssituationen sind für viele Beschäftigte zur Normalität geworden. Mit der Konsequenz, dass in vielen Jobs immer mehr Überstunden geleistet werden. Chefs können nämlich sehr erfinderisch sein, wenn es darum geht, ihren Mitarbeitern zusätzliche Arbeit „aufzubrummen.“ Trifft man sie zufällig auf dem Flur, in der Kaffeeküche oder beim Mittagessen, erfährt man auch gleich die wichtigen Neuigkeiten: „ Herr Schmidt hat übrigens gekündigt. Die Aufgaben macht dann jetzt Frau Müller mit“. Klingt plausibel, denn die Arbeit muss ja schließlich erledigt werden. Und außerdem muss gespart werden. Meistens bleibt „Lieschen Müller“ dann nichts anderes übrig, als unfreiwillig mehr zu arbeiten, als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Kommt vor, aber alles hat seine Grenzen.

Tätigkeit sollte angemessen sein

Grundsätzlich sollten natürlich die Anweisungen des Arbeitgebers befolgt und die zugewiesenen Aufgaben auch ausgeführt werden. Allerdings hat dieses Weisungsrecht, auch Direktionsrecht genannt, seine Grenzen. Denn auch der Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, dass der Arbeitgeber bei seinen Anordnungen stets seine Interessen berücksichtigt. Deswegen muss die Tätigkeit auch stets angemessen sein. Maßstab hierfür ist der jeweilige Arbeitsvertrag, da in diesem alle Tätigkeiten geregelt sind. Demnach darf der Arbeitgeber weder eine geringwertigere Tätigkeit noch einen geringer entlohnten Arbeitsplatz zuweisen, als vereinbart. Es sei denn, diese Möglichkeiten wurden bereits im Arbeitsvertrag oder Tarifverträgen festgelegt oder einvernehmlich nachträglich geändert.

Mehrarbeit ist zu vergüten

Sind die neuen Aufgaben angemessen, stellt sich in die Frage, ob diese innerhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erledigt werden können. Ist das der Fall, war der Mitarbeiter bislang offensichtlich nicht ausgelastet und der Chef darf ihm die Mehrarbeit ohne weitere Konsequenzen zuweisen. Kann die neue Tätigkeit jedoch nicht ohne Überstunden zu den bisherigen Aufgaben bewältigt werden, müssen diese zusätzlich vergütet werden. Sollte allerdings bereits, wie z. B. bei übertariflich bezahlten Angestellten, eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung getroffen worden sein, sind die Überstunden zwar ohne Extravergütung zu leisten, sollten sich aber dennoch im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Höchstarbeitszeit halten.

Nun ist die Arbeitsrealität wie so oft zwar eine andere, aber Hinnehmen und Aushalten auf Dauer auch keine Option. Und einen Preis erhält man ganz bestimmt auch nicht dafür. Im Gegenteil! Deswegen empfiehlt es sich zusätzliche Aufgaben zunächst einmal, zu hinterfragen. Sollten diese nicht ohne einen erheblichen Mehraufwand zu bewältigen sein, ist es ratsam, von Anfang an mit dem Chef eine gesonderte Vergütungsvereinbarung zu schließen oder besser gleich eine Gehaltserhöhung zu vereinbaren. Führen die Gespräche jedoch nicht zu der gewünschten Einigung, sucht man sich besser einen neuen Job. Die Zeiten sind gut!

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