
Kommt es während einer Betriebsfahrt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, weil dieser sich beleidigend verhält, stellen die daraus resultierenden Verletzungen keinen Arbeitsunfall dar. Das hat jetzt das Sozialgericht (SG) Berlin klargestellt.
Was war passiert?
Der Kläger war im Februar 2020 als Bauleiter tätig. Als er von einem beruflichen Termin zurückkam, war die Einfahrt zu seinem Betrieb durch einen LKW zugeparkt. Trotz mehrfacher Aufforderung fuhr der Fahrer diesen nicht beiseite. Der Kläger musste daraufhin sein Auto stehen lassen und das Betriebsgelände zu Fuß betreten. Als er kurze Zeit später wieder zu seinem Wagen zurückkehrte, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem der Fahrer des Lkw den Kläger als „egoistisches Arschloch“ beschimpfte. Der Kläger, der gerade in seinen Wagen steigen wollte, überlegte es sich anders und ging zu dem Fahrer, um „die Sache auszudiskutieren“. Im Verlauf des Streitgesprächs schlug der LKW-Fahrer dem Kläger ins Gesicht. Der Kläger musste daraufhin wegen einer Mittelgesichtsfraktur operiert werden. Die beklagte Unfallversicherung erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an. Das Sozialgericht bestätigte dies. Mit folgender Begründung:
Zwar habe sich der Kläger auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände wieder zu seinem Auto ging. Er habe diesen Betriebsweg jedoch wieder verlassen, als er die Wagentür nach den Beleidigungen noch einmal schloss, um die Angelegenheit auszudiskutieren. Darin liege eine Zäsur.
Quelle | SG Berlin, Urteil vom 16.2.2023, S 98
Kläger handelte als Privatperson
Ab diesem Moment habe das Handeln des Klägers privaten Zwecken gedient, nämlich dem Zur-Rede-Stellen des Fahrers. Während dieser Unterbrechung des Betriebswegs habe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit diene und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann vom Kläger noch mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden.
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