Ohne Moos nix los!

Marie K. wollte ihren Augen nicht trauen, als sie am Monatsanfang ihren Kontostand checkte.  Ihr Girokonto war weit überzogen und wies ein dickes Minus auf. Kein Wunder, denn ihr Chef hatte den Lohn wieder nicht gezahlt. Marie ist Berufsanfängerin und arbeitet seit zwei Jahren als angestellte Beleuchterin bei einer Produktionsfirma in der Filmindustrie. Früher ging sie gern zur Arbeit, inzwischen denkt sie aber immer öfter über einen Jobwechsel nach, denn durch die schleppende Zahlungsmoral ihres Arbeitgebers gerät sie zunehmend selbst in finanzielle Schwierigkeiten. Mal kommt der Lohn zu spät, mal erhält sie nur einen Abschlag oder einfach gar nichts. Dabei ist sie auf die pünktliche Zahlung ihres ohnehin schon geringen Gehalts angewiesen, um   sich ein Stückchen Leben auf eigenen Beinen leisten zu können. Strom und Miete werden fällig, aber leider ist das nötige Geld nicht da, um sie zu bezahlen. Inzwischen müssen sogar ihre Eltern aushelfen, um die größten finanziellen Engpässe zu überbrücken.

Aber Marie ist kein Einzelfall. Denn ihre Geschichte steht beispielhaft für viele Beschäftigte aller Branchen. Der Erste des Monats ist vorbei und der Arbeitgeber zahlt das Gehalt verspätet oder gar nicht. Man gerät unverschuldet in Verzug und kann seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Leider haben jedoch weder Gläubiger noch Vermieter in den meisten Fällen ausreichend Verständnis für die Lage, denn der Arbeitnehmer hätte ja rechtzeitig Vorsorge treffen können. Deshalb ist es umso wichtiger, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei hat man verschiedene Optionen:

1. Den Arbeitgeber zur Zahlung auffordern

Als Arbeitnehmer steht man grundsätzlich erst mal in der Vorleistungspflicht: Zuerst muss die Arbeitsleistung erbracht werden und erst dann besteht ein Anspruch auf Gehalt. Und zwar rechtzeitig!  Laut  Mindestlohngesetz, § 2 Absatz 1 Ziffer 2 ist dies der letzte Bankarbeitstag eines Monats. Andere Vereinbarungen sind im Arbeitsvertrag geregelt. Dies ist meistens der erste Tag eines Monats. Ist der Arbeitgeber im Verzug, sollte man zwar schnell reagieren, aber zunächst unbedingt das offene Gespräch suchen. Denn nicht jede Verzögerung der Lohnzahlung bedeutet, dass sich die Firma in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Oftmals stecken einfach nur technische oder organisatorische Gründe dahinter; z. B. Wochenende, Feiertage oder ein Versehen in der Buchhaltung. Es ist also besser sich zunächst persönlich an den Chef zu wenden und sich nach den Umständen für die Verzögerung zu erkundigen, um dann aber einen konkreten Zahlungstermin zu vereinbaren.

Achtung Verfallsfristen!

Vor dem Gespräch mit dem Chef empfiehlt es sich übrigens unbedingt einen Blick in den Arbeitsvertrag zu werfen. Denn die meisten Arbeits- und Tarifverträge enthalten Verfallsfristen, in denen Arbeitnehmer ausstehende Zahlungen schriftlich! einfordern müssen. Eine solche Ausschlussklausel für Gehaltsforderungen, aber auch für Boni, Sonderzahlungen, Zuschläge oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld, kann zur Folge haben, dass man leer ausgeht,  wenn der Anspruch nicht rechtzeitig schriftlich oder sogar schriftlich und mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht eingefordert werde.

2.  Abmahnen

Zu lange sollte man sich vom Chef jedoch nicht vertrösten lassen. Die Geduld sollte ganz klar Grenzen haben, wenn der Arbeitgeber zum besprochenen Termin immer noch nicht gezahlt hat. In diesem Fall ist es ratsam den Arbeitgeber schriftlich abzumahnen und ihm eine Frist (maximal 10 Tage) zu setzen, bis wann er die Gehaltszahlung nachholen muss. Das kann sowohl auf dem Postweg als auch per E-Mail geschehen. Zahlt der Arbeitgeber auch nach der Abmahnung nicht, können Mitarbeiter ihren Lohn am Arbeitsgericht einklagen. Das kostet allerdings Zeit und kann auch ganz schön teuer werden. Deshalb kann, je nach Einzelfall und Umständen (z. B. neuer Job) das Arbeitsverhältnis auch fristlos gekündigt und Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. 

3. Arbeitsleistung verweigern

Erst wenn mindestens zwei Monate kein Lohn gezahlt wurde, kann der Mitarbeiter vorübergehend die Leistung verweigern, ohne mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen. Damit übt er sein „gesetzliches Zurückbehaltungsrecht“ aus. Allerdings muss der Arbeitnehmer dem Chef deutlich und am besten schriftlich mitteilen, dass er wegen des wegen des Lohnrückstands bis zur Nachzahlung nicht mehr zur Arbeit erscheinen wird.  Der Anspruch auf das volle Gehalt bleibt dann auch während dieser Zeit voll bestehen. Hat der Chef jedoch bereits einen Abschlag gezahlt  oder droht der  Firma ein wirtschaftlicher Schaden, darf die Arbeitsleistung nicht verweigert werden. 

4. Zinsen und Schadenersatz verlangen

Im Falle eines Zahlungsverzuges kann der Arbeitnehmer auch Zinsen auf das ausstehende Bruttogehalt verlangen. Das sind häufig jedoch Kleinstbeträge, um die sich ein Streit meistens nicht lohnt. In Einzelfällen können jedoch über das Jahr gesehen unter Umständen erhebliche Verzugszinsen entstehen, die einen erheblichen Verlust für den Arbeitnehmer bedeuten können. Deshalb hat der Arbeitgeber grundsätzlich auch jeden Schaden zu ersetzen, den der Mitarbeiter  durch den Lohnausfall erlitten hat, z. B. Überziehungszinsen des Girokontos oder eventuelle Steuernachteile.

Welche Maßnahmen letztendlich ergriffen werden, sollte jedoch immer von Fall zu Fall entschieden werden. Es wäre für das Arbeitsverhältnis sicher nicht hilfreich, wenn der Arbeitnehmer bei einem einmaligen Verzug gleich überreagiert. Kommt der Lohn aber regelmäßig zu spät, kann dies für den Arbeitnehmer nicht nur erhebliche Verluste und sondern auch Ärger bedeuten. Und dann ist es sicher an der Zeit, den Arbeitgeber auch einmal intensiver an seine Pflicht zur pünktlichen Lohnzahlung zu erinnern.

Photo by Thought Catalog on Unsplash